Sonntag, 19. Mai 2013

Missions impossible - Taschendiebstahl und das schottische Moorhuhn


Den September und Oktober verbrachte ich damit, meine interessanten Ergebnisse zu Firmengründungen in Europa vor Delegierten in allen möglichen Ausschüssen und Arbeitskreisen vorzutragen. Hervorzuheben ist, dass ich in Rom weniger Glück hatte als mein Vater, denn das Portemonnaie, das man mir bei einem kurzen Spaziergang mit einem amerikanischen Statistiker während der Konferenzmittagspause aus der Handtasche zog, ist und bleibt spurlos verschwunden. Darias Oma sagt, das waren „extracommunitari“, also keine Außerirdischen, sondern Römer ohne EU-Pass. Aber das kann sie ihrer Großmutter erzählen.

Auch erwies sich das Schengener Abkommen als wertlos für EU-Bürgerinnen, die in einem EU-Mitgliedsstaat leben, das nicht ihr Heimatland ist, und von einem dritten EU-Land aus mit dem Flugzeug nachhause möchten. Die Air France teilte mir telefonisch mit, dass sie mich - Schengen hin, Schengen her - ohne Personalausweis nicht würde fliegen lassen, und alles, was Herr Herse aus der Deutschen Botschaft mir geben konnte, war ein vorläufiger Ausweis zur Wiedereinreise in die Bundesrepublik. Es bedurfte einiger List und Tücke, um es rechtzeitig zu Dienstbeginn wieder nach La Défense zu schaffen, ohne über Berlin zu fahren.

Mein erster Vortrag fand im September in London bei einer Mikrodatenkonferenz statt. Dort unterzogen mich die Engländer gleich mehreren Feuerproben. Deren erste präsentierte sich in Form einer schnurlosen Maus, die man mir in die Hand drückte, damit ich mich trotz defekter Tastatur des Saalcomputers während meines Vortrags bequem von Folie zu Folie klicken konnte. Niemand hatte dabei jedoch bedacht, dass ich bei Vorträgen vor großer Audienz keinesfalls so ruhig bin, wie ich mich gebe. Es war überhaupt nicht daran zu denken, den Mauszeiger als modernen Zeigestock zu verwenden, um die Aufmerksamkeit des Publikum auf besonders aussagekräftige Zahlen zu lenken. Die erratischen Zickzackbewegungen des Pfeils auf gleich zwei Großbildschirmen im größten Hörsaal der Cass Business School entzogen sich völlig meiner Kontrolle. Leider fehlte mir im Unglück die Geistesgegenwart, die Maus in Klickpausen einfach auf den Tisch zu legen. Während ich verzweifelt versuchte, meinen Arm soweit von mir zu strecken, dass der rasende Pfeil so weit wie möglich am Bildschirmrand verschwand, fasste mich Panik, die Zuhörer könnten meinen Vortrag für eine Foltergymnastikstunde bei Heike halten und versuchen, meine bizarren Übungen nachzuahmen. Als ich mich nach den zwanzig längsten Minuten meines Lebens endlich wieder hinsetzen durfte, hätte ich am liebsten meine Nachbarin um deren Riechfläschchen gebeten.

Wenn ich geglaubt hatte, dass damit das Schlimmste überstanden sei, so hatte ich mich jedoch sehr getäuscht. Am Abend wartete auf uns das Konferenzdinner im National Liberal Club. Eigentlich hatte ich erwartet, dass mir dort ein knorriger englischer Butler mit dem Hinweis „No dogs, no ladies“ die Tür weisen würde. Statt dessen saßen auf dem hochherrschaftlichen Steinbalkon des Clubs Inder mit Turbanen und ihre Frauen im Sari, tranken Portwein und blickten wohlwollend auf die weiten Parkanlagen zu Füßen des historischen Baus. Dieses Bild führte mir plastisch vor Augen, dass die Briten in den vergangenen Jahrhunderten einige Entwicklungen durchgemacht haben und ich mich bei der Formung meines Englandbildes nicht ausschließlich auf Jane Austen verlassen kann.

Vor meiner Abfahrt auf die britischen Inseln hatte ich mir noch dicke Rügen von Katia wegen dummer Witze über die englische Küche eingefangen. Schließlich sei ich es immer, die Zurückhaltung mit stereotypen Vorurteilen über ganze Länder predige. Jedoch übertraf, was mich nach Besichtigung der imposanten Bibliothek und des Rauchzimmers im Bankettsaal erwartete, meine schlimmsten Phantasien. Nach einer Standardvorspeise trugen die vornehmen britischen Kellner jedem von uns einen Vogel auf, dessen Fleisch an Zähigkeit das Carne do Sol um Längen übertraf, das Silke und mich auf der Insel Itaparica damals dazu gezwungen hatte, anschließend vor staunenden Brasilianern Cachaca aus Wassergläsern zu trinken. Jeder, der mutig genug war, das Tier zu verzehren, konnte von roh bis mehr als well-done alle Stufen der Garheit bei einem einzigen Mahl hautnah erfahren. Das Schlimmste jedoch war der Anblick: Jeder Vogel wurde mit intakten Beinen serviert einschließlich der scharfen Krallen und einiger Federn, die augenscheinlich der Verzierung dienen sollten. Meine irische Nachbarin, die in Oxford studiert hat, unterrichtete mich darüber, dass es sich bei dem Federvieh um schottisches Moorhuhn handelte und sich unsere Gastgeber mit dieser Menüwahl darum bemüht hätten, ein umfassendes Zeugnis einer langen und stolzen englischen Jagdtradition abzulegen. Das beeindruckte mich sehr und ich wäre jederzeit bereit gewesen zu glauben, Prinz Charles hätte alle servierten Moorhühner persönlich geschossen. Aber obwohl es für mich nichts Schlimmeres gibt als Deutsche, die auf Mallorca nur Frankfurter Würstchen essen wollen und Italiener, die überall auf der Welt jammern, dass die Barilla-Nudeln nicht so schmecken wie zuhause, neige ich seit dieser Erfahrung doch zu der Auffassung, dass die Offenheit gegenüber fremden Kulturen und deren Küche ihre Grenzen haben darf.

Zum Glück war das Wetter strahlend schön und der Ausflug in Schluckis offenem Auto aufs Land ein großer Spaß. Englische Gartenbaukunst und das Londoner Nachtleben taten ihr Übriges, um mich mit dem Inselvolk und seinen Gepflogenheiten wieder zu versöhnen, und das obwohl ich diesmal im 333 in punkto Heiratsanträge enttäuschend leer ausging. Dafür erwies sich Elisas Verlobter, Stefano, als sehr nett und vielseitig einsetzbar. Jetzt freue ich mich auf die Hochzeit im nächsten Jahr in Venedig. Ich frage mich nur, was wir zum Hupen verwenden können, wenn wir hinter dem Brautpaar in der Gondel herrudern.

Dienstag, 5. März 2013

Bangkok - und Vorhang

Es versteht sich von selbst, dass eine Reise, die mit von Techno bewegten Betten in Bangkok beginnt, auch in Bangkok enden muss. Diesmal suchten wir ein Hotel in Nähe der Silom Road aus, um unsere müden Häupter zu betten.

Das erwies sich als ausgezeichnete Wahl.In dem Kiez findet man alles, was Bangkok rockt. Oder soll ich sagen technot? Zum Beispiel die blitzblanke Metro, an deren Eingängen Uniformierte so tun, als kontrollierten sie alle Taschen, sich dabei jedoch meist auf unser Handgepäck konzentrierten und die riesigen Rücksäcke auf unseren Rücken ignorierten, denn jeder weiß, dass man Feuerwaffen und explosives Gerät üblicherweise im Handgepäck trägt. Oder die Hochbahn, von der aus man phantastisch die vierspurigen Straßen mit Dauerverkehrschaos unten beobachten kann ebenso wie die Bürgersteige, auf denen sich Einheimische und Besucher im Schneckentempo durch Garküchen und Stände mit Kleidern und allerlei unnützem Zeug für Touristen schieben. Der Schatz entschied sich für einen hautfarbenen Armüberzug mit schrillen Tattoo-Mustern. Nur für den Fall, dass wir doch eines Tages in die Verlegenheit geraten sollten, auf der Full Moon Party zu raven.

Die Seitenstraßen der Silom Road gehören Nachtclubs verschiedenster Ausrichtung. Eine mit besonders wild blinkendem Neonlicht erleuchtete Straße ist Hot Boys und Techno-Beats gewidmet, die anderen spezialisieren sich auf Damen, die um Stangen herumtanzen oder einsamen Herren Gesellschaft beim Trinken leisten. Auch Boxkämpfe sind im Angebot, mit männlicher oder weiblicher Besetzung und eine Ping-Pong-Show, die uns regelmäßig von den mit Fotos und anderen aufschlussreichen Material ausgestatteten Empfangs-Herren vor den Nachtclubs ans Herz gelegt wurde. Leider können wir uns nicht so recht vorstellen, was es mit der Ping-Pong-Show auf sich haben mag. Auch der Artikel in der Chiang Mai Post, der von dem skandalösen Fall eines nackten Herrn berichtete, den die Polizei mit zwei ebenso nackten Begleiterinnen, zwei Ping-Pong-Bällen und einem Goldfisch aufgegriffen hatte, brachte kein Licht ins Dunkel. Wahrscheinlich fehlt es uns einfach an erotischer Vorstellungskraft. Wir sind über jeden sachdienlichen Hinweis unserer Leser dankbar.

Besonders beeindruckt hat uns ein Empfangsherr mittleren Alters, den wir eher in den mittleren Dienst eines Finanzamts mit mittwochs Stammtisch eingeordnet hätten, hätte er sich nicht in ein Netzhemd gehüllt und drohend einen Bambusstab geschwungen, um mit dröhnender Stimme eine SM-Show anzupreisen. Ich sah mich am Ende gezwungen den Schwung seines Bambusstab durch beherztes Eingreifen zu stoppen, um das Hinterteil des Schatzes vor größerem Ungemach zu bewahren.

Wem dieser ganze Zauber nicht behagt, der hat die Möglichkeit, über den Produktpiraterie-Markt anstatt durch die Barmeilen ins Hotel zu wandern.

Ein würdiger Abschluss für eine feine Reise war das, auf einer Terrasse nahe der Silom Road Singha-Bier zu trinken und dabei dem bunten Treiben auf der Straße zuzusehen: Die eifrig um Kunden buhlenden Schlepper, von denen sicher der eine oder andere bei den Mitgliedern eines Herren-Kegelclubs aus Sindelfingen fündig wurde, die ihre T-Shirts mit Sinnsprüchen wie„Ich bin überhopft“ oder „Der Klügere kippt nach“ verziert hatten, Durian-Verkäufer und Garküchenbetreiberinnen, die Bardamen nach getaner Arbeit bewirteten, blinde Bettler, denen es gelang, ebendiese Damen zu einer Spende aus ihrem garantiert echten Chanel-Portemonnaie für 100 Baht vom Stand nebenan zu erweichen, Tuk-Tuk-Fahrer, die wild hupend ihren Platz im Verkehrschaos verteidigten und halb verhungerte, schwanzlose Katzen, die auf den Dächern der Pförtnerlogen klagend miauten und nach Garküchenabfällen Ausschau hielten.

Das soll nicht das letzte Mal gewesen sein, dass wir uns in Süd-Ost-Asien ins Getümmel stürzen. Jetzt müssen wir erst einmal darauf vertrauen, dass das Wetter zu Hause bald den Sprung in den Frühling schafft und die Daheimgebliebenen uns ebenso gut zerstreuen wie es den Thais gelungen ist.

Sonntag, 3. März 2013

Thai-Massage

Zu jedem guten Thailand-Urlaub gehört das Erproben der lokalen Massage-Traditionen. Man kommt eigentlich auch gar nicht drum herum. Das Oriental Mandarin in Bangkok setzt weltweit die Massage-Standards, sagt unser Reiseführer, und in jedem Ort, der mehr als zehn Touristen beherbergt, gibt es eine ganze Palette an Spas unterschiedlicher Ausrichtung und Preisklassen. Manche sind diskret und elegant mit eigenen Kitteln für jeden Kunden, ätherischen Ölen, die der Praxis die richtige Duftnote geben sollen, und meditativen, asiatischen Klängen als musikalischer Untermalung zu den Behandlungen. Andere setzen alle ihre Kunden in eine Reihe und massieren die Füße gewissermaßen im Schaufenster, vielleicht damit sich die Passanten ein Bild von den angebotenen Dienstleistungen machen können. Die Thais lassen sich besonders gerne auf Nachtmärkten in einer Stuhlreihe die Füße massieren. Vermutlich müssen sie sich von ihren langen Märschen im Schneckentempo, Schulter an Schulter mit anderen Vergnügungssüchtigen durch endlose Korridore von Essens- und Klamottenstände erholen.

Viele Massagepraxen setzen drei bis vier zierliche Thai-Frauen vor die Tür, die jüngeren und hübscheren der angestellten Masseurinnen vermutlich, die die Passanten auf den Geschmack bringen sollen. Wie auf Bali eigentlich, nur dass in Thailand die langgezogenen “Massaaaaaage, Massaaage”-Rufe eher wie ein Wehklagen klingen denn wie eine Werbung. Das soll nicht etwa auf die Leiden vorbereiten, die der Kunde zu erwarten hat, wenn er dem Angebot folgt, obwohl die beträchtlich sein können, denn die Thai-Massage setzt ganz auf das Prinzip, schön ist, wenn der Schmerz nachläßt, sondern ist der thailändischen Sprache geschuldet. Die Thais glauben, dass sie aus irgendeiner südchinesischen Provinz in ihre heutige Heimat eingewandert sind, und obwohl sie das nicht so richtig beweisen können, gibt es ein paar Anhaltspunkte. Dazu gehört das Arbeiten mit verschiedenen Tonlagen: hoch und gleichförmig, mittel und gleichförmig, niedrig und gleichförmig, von oben nach unten oder von unten nach oben. Das führt den ungeübten Westler, der sich an der thailändischen Sprache versucht, schnell mal in ein Fettnäpfchen, zum Beispiel wenn er zu Protokoll gibt, er habe gerade seinen Vater verspeist, obwohl er einfach nur die hohe Qualität des Essens loben wollte. Auch mir brachte das ganze viel Ärger ein, als ich in einer Jetlag-Nacht “Danke”  und “Guten Tag” üben wollte, während andere Leute im Zimmer der Meinung waren, es sei Zeit zu schlafen.

Wie bei allen Aktivitäten, die in Thailand den Touristen angeboten werden, ist Chiang Mai mit der Rafinesse und Vielfalt seines Angebots führend. Man kann sich nicht nur von den verschiedensten Fachleuten in allen möglichen Varianten massieren lassen, sondern hat auch die Möglichkeit, das Handwerk selbst zu erlernen, wenn einem die Koch-, Sprach- und Malkurse vor Ort zu langweilig sind. Wenn man doch die passive Variante wählt, ist man nicht darauf angewiesen, ein herkömmliches Spa mit zarten, hübschen Masseurinnen aufzusuchen, die ein sauberes Strafregister vorzuweisen haben. Man kann sich statt dessen auch von Gefängnisinsassinnen massieren lassen, die kurz vor der Entlassung stehen und als Vorbereitung auf ihr Leben in Freiheit schon einmal ein Handwerk berlernen wollen. Oder vielleicht bevorzugt man blinde Masseure.

Damit die Gefängnisinsassinnen die Nachfrage nach ihren Massage-Diensten befriedigen können, müssten Polizei und Staatsanwaltschaft in Chiang Mai wohl allerdings ein bisschen härter durchgreifen. Sie waren komplett ausgebucht. Also versuchten wir es bei den Blinden, schließlich heißt es, dass die einen besonders guten Tastsinn haben sollen. In der Tat erschien uns diese Massage besonders gefühlvoll und auch recht unterhaltsam. Unsere Masseure schnatterten zwischendurch gerne ein bisschen und meiner  informierte die gesamte Praxis mit lauten Entsetzensschreien, wenn er eine besonders steife Stelle gefunden hatten. Er ruhte nicht eher, bis sie sich wieder vollkommen entspannt hatte. Manchmal holte er einen kleinen Apparat aus der Tasche, der ihm in verschiedenen Tonlagen etwas zuflüsterte. Nach langem Überlegen kam ich zu dem Schluß, dass es sich wohl um seine Uhr handeln müsse. Auch akzentuierte er die Massage gelegentlich mit kräftigen Rülpsern, aber solche Praktiken kennen wir schon aus Indien. Da kann uns nichts mehr schrecken.

Nach der Behandlung hatten wir das Gefühl, durch Chiang Mai zu schweben.


Mittwoch, 27. Februar 2013

Dschungelbuch

Nach langem Zaudern, Zögern und auch ein bisschen Zanken entschieden wir uns schließlich für eine Trekkingtour, bei der man den ganzen Tag (sprich: vier Stunden) in einem Nationalpark durch dichten Dschungel laufen sollte, ohne Bambusstammfloßfahren, Wildwasserrafting oder Orchideenplantagen. Nur ein bisschen Baden unter Wasserfällen stand auf dem Programm und natürlich der Besuch etlicher Bergvölker.

Der Veranstalter preist diese Tour, die er in sämtlichen Hotels von Chiang Mai anbietet, als garantiert nicht-touristisch an und er verspricht Wandern jenseits der ausgetretenen Pfade. Unsere Mitwanderer, so stellten wir uns vor, würden allesamt den Bergvölkern angehören, vielleicht noch ein paar Städter aus Chiang Mai. Sicher haben die auch Stress und müssen sich sonntags mal beim Wandern erholen.

Der Schatz bestand darauf, sich streng an die Empfehlungen für Wandertouren im Führer zu halten. Wir mussten die ganze Stadt nach Regencapes absuchen, obwohl seit unserer Ankunft erst einmal geregnet hat, packten vier Tagesrationen Wasser ein und ein Schweizer Messer. Trotzdem waren wir in Panik, weil wir weder Tropenhelme noch Macheten hatten. Dafür versprach der Schatz im Kapitänsanzug mit Mütze aufzutreten, falls wir trotz mangelnder Segelkenntnisse doch einmal bei der Segeltour teilnehmen, die sie alljährlich im Büro organisieren.

Im Minibus kündigte der Führer nach einem jovialen "Guten Morgen allerseits" an, dass wir jetzt ins Elefenatencamp fahren würden. Wir sprangen mit wildem Protestgeheul auf und wollten sofort den Bus verlassen, bis uns der Führer mit dramatischem Händeringen und "Sooorry, sooorry, soooorry" beruhigte und versicherte, wir würden später in einen anderen Bus umgeladen werde, um zu wandern. Auf dem Rest der Busreise erkundigte sich alle fünf Minuten einer der Mitreisenden danch, ob wir uns denn auch sehr auf die Elefanten freuten, worauf systematisch alle anderen in dröhnendes Gelächter ausbrachen und sich vor Vergnügen auf die Schenkel klopften.

Am Elefantcamp hatten wir immerhin Gelegenheit, die Dickhäuter zu fotografieren. Müssen wir zu Hause ja niemandem sagen, dass wir nicht drauf geritten sind. Auch ihr Fußballfeld konnten wir bewundern, allerdings war gerade Trainingspause.

Irgendwie gelang es dem Minibusfahrer schließlich einen Führer herbei zu improvisieren, Mitwanderer allerdings nicht. Offenbar ist die Tour so nicht-touristisch, dass sie niemand unternehmen will. Wir wurden in einen verbeulten Pick-up-Truck geladen, bei dem das Lenkrad jeden Moment abzufallen drohte, und im nächsten Dorf ging die Wanderung los. Von Dschungeltrekking konnte allerdings keine Rede sein, ich würde es eher Lustwandeln durch verschiedene Kulturlandschaften nennen. Es ging vorbei an Mais- und Reisfeldern durch etliche Dörfer mit Hühnern, Schweinen und Pfahlbauten, die mal die Moew und mal die Karem gebaut hatten. Was zunächst so klang wie ein lustiges kleines Bächlein entpuppte sich als Bewässerungsanlage, die die Dorfbewohner vor einigen Jahren betoniert hatten. Seither funktioniert sie besser erklärte unser Führer, der uns auch durch Bananenstauden führte, wahrscheinlich um Dschungelfeeling aufkommen zu lassen. Mit seinen Erklärungen der örtlichen Pflanzen, Fortbewegung im Schneckentempo und zahlreichen Pausen, in denen er mit Bananenblättern selbstgedrehte Zigaretten rauchte, gelang es ihm auch, die versprochenen vier Stunden vollzubekommen. Immerhin lernten wir einiges, probierten Tamarind vom Baum und sahen Lychees und Ananas wachsen.

Auch die Besuche bei Bergvölker entpuppten sich als relativ schonend. Meistens spazierten wir nur durch ihr Dorf und ja, natürlich kauften wir ihnen eine Kette und allerlei Tücher ab. Nur als unser Führer uns in eines ihrer Häuser lockte, um ihre Betten und die Feuerstelle zu bewundern, kamen wir uns komisch vor. Wir versuchen uns vorzustellen, dass es eine Attrappe war. Den Besuch im Wohnzimmer einer zweiten Bergvolkfamilie, um mit ihnen Thai-Boxen im Fernsehen anzugucken, lehnten wir aus mangelndem Interesse an dem Sport ab.

Auf der Rückfahrt zeigten uns die Elefanten-Dompteure Fotos davon, wir ihr Elefant sie mit dem Rüssel hochgehoben und auf seinen Rücken gesetzt hatte und wir erzählten von unseren Kämpfen gegen giftige Schlangen und wilde Tiger.

Zurück in Chiang Mai landeten wir am Abend in der Jazz Kooperative The North Gate, wo langhaarige Thais mit ihrer Interpretation von Robert Cray mehr Expats als Einheimische in Begeisterung versetzten. Das war mit Abstand das wildeste und authenstischste Erlebnis des Tages.


Dienstag, 26. Februar 2013

Bergvölker und Elefanten quälen - oder besser nicht?

Seit wir in Chiang Mai angekommen sind, debattieren wir, ob es nun richtig ist, mit Busladungen voller Touristen über die Dörfer von Bergvölkern hereinzubrechen und gleichzeitig von ihnen zu verlangen, dass sie ihre Traditionen wahren. Essen, Elefantenfiguren und selbstgemachte Schals an Touristen zu verkaufen, ist vielleicht eine gute Alternative zu Opiumanbau, argumentiere ich. Der Schatz antwortet jedesmal mit einer Kombination aus "touristischer" und etwas, was man nicht aufschreiben kann. Den Einwand, dass wir selbst Touristen sind, lässt er offenbar nicht gelten.

Unser Dilemma rührt daher, dass wir gerne im Urwald wandern würden. Diese Touren werden en masse in allen örtlichen Hotels angeboten, aber ohne Besuch bei den Bergvölkern geht nichts. Meistens muss man zusätzlich  noch in Fledermaushöhlen kriechen, in Orchideenplantagen lustwandeln, in Wasserfällen baden und innerhalb einer Stunde sowohl auf einem Bambusfloss paddeln als auch Wildwasserraften. Das alles erscheint nicht sehr seriös.

Auch bei den Elefanten sind wir uns nicht so sicher. Irgendwie würden wir gerne mal einen kleinen Ritt unternehmen und Vera aus dem Büro hat mir streng aufgetragen, das auf keinen Fall zu verpassen. Andererseits muss man, wenn man hier Elefanten reiten möchte, sie immer gleich auch noch füttern, striegeln, baden und mit ihnen schwimmen. Das lehnt der Schatz ab. Man kann im Übrigen von Glück sagen, wenn man ihnen nicht auch noch beim Fußballspielen oder Skat zusehen soll.

Vor lauter Ratlosigkeit fingen wir erst einmal mit Besichtigungen von Tempeln an, von denen der Baedeker  in der Stadt 200 zählt, alle mal wieder reich verziert, mit viel Gold und anmutigen Dächern. Angeblich sind alle 200 kunstgeschichtlich interessant. Mir haben besonders die mit Spiegeln verzierten Naga-Schlangen-Körper am Eingang  ich weiß nicht mehr welchen Tempels gefallen. Obwohl wir noch nicht einmal die Baedeker-Auswahl geschafft haben, leiden wie inzwischen an akutem Tempelkoller.

Alle vier (!) Reiseführer, die wir mit uns herumschleppen, schreiben übereinstimmend, dass die gängigen Touren, die in Hotels angeboten werden, mit Vorsicht zu genießen sind. Es gebe auch teurere, dafür aber bessere Anbieter, nur wo man die findet, das verraten unsere Führer nicht. Man soll sich in der Traveller-Szene umhören.

Nun gibt es hier natürlich viele Touristen, aber wo sie sich zu einer  Szene zusammengeschlossen haben, ist keinesfalls klar. Ich habe mal versuchsweise in einer Bar um die Ecke Patricia angequatscht. Sie kommt aus Seattle und assistiert hier für einige Woche bei der frendsprachlichen Früherziehung von thailändischen Kleinstkindern. Ihre Elefantengeschichten klangen aber auch nicht anders als in den bunten Mappen in unserem Hotel. Also dachte ich, ich lenke das Thema mal auf die Full Moon Party in Ko Pha Ngang und auf Tätowierungen. Ich hatte  mir eingebildet, in Patricia vielleicht eine Verbündete zu finden. Sie ist zwar erst 23, sieht aber ein bisschen spießig aus. Wie sich herausstellte, spielt das für Tätowierungen absolut keine Rolle. Wie sich herausstellte, versteckte Patricia unter ihrer Kleidung eine ganze Sammlung von Tätowierungen. Außerdem betreibt der thailändische Barkeeper mit Dutt auf der Stirn, der etwas lahm auf ihre Baggerversuche reagiert hatte, bevor ich mich quer dazwischen warf,  im Hinterzimmer ein Tattoo-Studio. Er entwirft gerade Patricias Tätowierung für die Rippen rechts. Behauptet Patricia. Er stritt das ab und schützte Müdigkeit vor.

Der Schatz meint übrigens, dass Patricia neben der Betreuung von Kleinstkindern jetzt auch die Betreuung von Berufsjugendlichen in Bars in ihren Lebenslauf aufnehmen kann, nachdem sie sich so höflich mit mir beschäftigt hat, während sie nun wirklich Zeit für den Barkeeper brauchte.

Patricia verriet mir außerdem, dass ihre Mutter die Narbe von ihrer Hüftoperation mit einer Tätowierung übermalt hat. Das empörte mich, die ich seit 38 Jahren mit perfekter Haltung Hüftnarbe trage natürlich besonders, aber zum Glück enthielt ich mich jeglichen Kommentars. In 15 Jahren, wenn Patricias Mutter wieder eine neue Hüfte braucht, dann braucht sie auch ein neues Tattoo. Das wollen die beiden gemeinsam entwerfen. A nice little mother-daughter-project, verkündete Patricia mir strahlend.

Wir merken uns für später: Ob nun in Thailand oder sonst irgendwo, solange man noch keine Gelegenheit hatte, den Gesprächspartner sorgfältig im unbekleideten Zustand zu inspizieren, sollte man das Thema Tätowierung unbedingt meiden. Das gilt auch für die Bettnachbarin in der Chirurgie für Hüftersatzoperationen.







Sonntag, 24. Februar 2013

Erleuchtung in Sukothai

Am nächsten Tag ging es auf nach Sukothai - wie immer in aller Frühe. Natürlich war der Bus aus Bangkok eine Stunde zu spät, aber tagelangem, intensiven Bewundern erleuchterter Buddhas und einer Thai-Massage am Vorabend sei Dank waren wir von einer gewissen Ruhe erfüllt. Außerdem gab uns das Gelegenheit Susan und Chuy kennenzulernen.

Chuy ist ein hühnenhafter, jovialer Amerikaner, der sich als Mexikaner ausgibt. Wenn man jedoch von seinem sorgfältig gestutzten, schwarz mit grau meliertem Schnurrbart absieht - und der würde nun auch zu Tom Sellek passen - dann ist von seinen Wurzeln aus Guadalajara nichts mehr übrig. Susan trägt einen grau melierten Pferdeschwanz und wirkt auf den ersten Blick äußerst mißmutig, bei näherem Hinsehen wurde jedoch rasch deutlich, dass es sich bei den beiden um ein äußerst vergnügtes und reiselustiges Paar handelt, die sich alles angucken und dabei schnell zu begeistern sind, besonders von ihren kulinarischen Entdeckungen. Sie lernten sich beim Segeln zu kennen und beschlossen irgendwann alles Hab und Gut in Amerika, Häuser, Chuys Business, Autos und was alles sonst noch so zum amerikanischen Traum gehört zu verkaufen und den amerikanischen Kontinent zu umsegeln. Irgendwann stießen sie auf einer panamaischen Insel auf ein Haus, das auf sie gewartet hatte, und jetzt haben sie dort ihr Hauptquartier aufgeschlagen, lagern während der Hurrikan-Monate Boote von Weltumseglern ein und machen sie wieder flott. Im Angebot ist auch "beer, books and bullshit" eine Tauschbörse für gebrauchte Bücher und Übertreibungen der Abenteuer, die man zu See erlebt hat. Ich habe die Adresse aufbewahrt, falls jemand von Euch mal in Panama darauf angewiesen sein sollte.

Der hölzerne Bus zu den Ruinen transportierte neben uns noch dreissig Schulkinder in Uniform und einen Mönch, der uns seine Kenntnisse verschiedener europäischer Sprachen demonstrierte und nach jedem Wort in herzliches Gelächter ausbrach, das seine vier verbliebenen, windschiefen Zähne freilegte. Er hat viele Freunde in Europa, die ihn in seinem Tempel besuchen kommen, musste sich zuletzt jedoch sehr über die königlich niederländische Post ärgern, die es offenbar versäumt hat, seine Karte an seine Amsterdamer Freunde auszuteilen. Jedenfalls wartet er seither vergeblich auf Antwort. Im Fernsehen hat er Bilder von Rom und Venedig gesehen und nun träumt er von einem Lottogewinn, um Italien und überhaupt alle seine Freunde in Europa zu besuchen. Das schienen uns nun sehr weltliche Bestrebungen für einen Mann, der auf das Nirvana hin meditiert. Aber wer weiss, vielleicht sind Klöster für manchen älteren Mann mit wenig Zähnen vor allem auch ein praktischer Ort, um eine Suppe zu bekommen. Als junger Mann war er im Hotelgewerbe.
Bei den Ruinen warteten sie schon wieder mit Fahrrädern auf uns. Die Sukothaier haben Parks mit  Seen um ihre Templeruinen herum angelegt, so dass sich die Fahrt gleich ganz anders ausnahm als in dem halsbrecherischen und lärmenden Stadtverkehr von Ayutthaya. Mein Fahrrad schepperte, knatterte und klapperte zwar so laut, dass es sich mit jedem Motorrad in der Stadt hätte messen können, doch nichts konnte die Fahrt durch den Park mit singenden Vögeln und quakenden Fröschen wirklich stören, vorbei an Tempelruinen, hinter deren verfallenen Toren immer wieder monumentale Buddhas sichtbar wurden, stehend in Schutzgewährerpose oder im halben Lotussitz mit geschlossenen Augen und einem Gesichtsausdruck vollendeten Friedens.

Auch blühten auf dem See, von dem aus wir den Sonnenuntergang über einem besonders friedlichen   Buddha beobachteten, die Lotusblüten nicht wie auf dem Foto im Führer. Wir fühlten uns trotzdem so als seien wir schon im Nirvana. Irgendwie erleuchtet.

Samstag, 23. Februar 2013

Ayutthaya - Mittagshitze meiden

Inzwischen haben wir uns von Bangkok aus zu einer Tempelsafari nach Nordthailand aufgemacht.  In aller Herrgottsfrühe, was uns Gelegenheit gab, darüber nachzusinnen, ob die jungen Frauen in weißen Blusen und marineblauen Faltenrücken mit passenden Kniestrümpfen, die im Morgengrauen in Bangkoks Herbertstraße auf den Bus zu warten schienen, nun wirklich sittsam gekleidete Büroangestellte oder Studentinnen in Uniform waren oder vielleicht doch die Frühschicht in Fetisch-Verkleidung. Eine japanische Domina vertraue mir vor Jahren einmal an, dass sich solcherlei Kostüme in ihrem Heimatland größter Beliebtheit erfreuen, und das Fernsehen informierte vor einiger Zeit über Automaten, aus denen man im Land der aufgehenden Sonne einfach und unbürokratisch gebrauchte Schulmädchenunterhosen ziehen kann. Das erspart den Schülerinnen das Jobben als Verkäuferin und läßt mehr Zeit für Hausaufgaben oder Partys.

Wir kamen uns furchtbar schlau vor, mit dem Zug das allgemeine Straßenverkehrschaos in Thailand zu umgehen, aber wie sich herausstellte, ist auch die Bahn vor solcherlei Plagen nicht gefeit. Der Schatz brummelte etwas von eingleisigem Verkehr und hohem Aufkommen und schon waren wir eine Stunde zu spät am Ziel. Wenn man dann noch die Suche nach dem Hotel nach elegantem Überklettern der Gleise miteinbezieht, die uns schließlich doch dazu zwang die Sonnenmilch von ganz unten aus dem Rucksack hervorzusuchen, um nicht auch noch in der Tempel-Community als roter Feuerball bekannt zu werden, dann versteht man, wie wir trotz Baedeker-Tipp-Kästchen "Mittagshitze in Ayutthaya meiden" ebenda landen konnten.

Immerhin hielt das Hotel schon Fährräder für uns bereit. Zum Glück, denn nicht alle Baedekertipps sind gut. Bei der Tempelbesichtigung, die als halbtägiger Spaziergang angepriesen war, brauchten wir regelmäßig zwanzig Minuten mit dem Rad, um zur nächsten Station zu gelangen. Ein bisschen neidisch waren wir auch auf die Kollegen, die die Tour auf Elefanten geschützt von entzückend verzierten Sonnenschirmen unternommen hatten.

Ayutthaya ist im 18. Jahrhundert von den Burmesen dem Erdboden gleichgemacht worden, was sehr zu bedauern ist, denn Zeitgenossen berichten, die Stadt sei das Schönste gewesen, was sie je gesehen hätten. Den alten Glanz kann man durchaus noch erahnen, auch wenn man beim Bewundern so schwitzen muss wie wir.

Unsere Highlights waren ein winziger Elefant aus Gold im Museum und die Gruft mit chinesischer Wandmalerei. Die Stiegen, die dort hinunterführen, spotten allerdings jeglicher Beschreibung. Dagegen erscheinen mir auch Treppen meiner Amsterdamer Freundinnen harmlos, die ich bisher immer für das Halsbrecherischste gehalten hatte, was ich auf dem Gebiet je zu sehen bekommen habe.

Tour culinaire à Chinatown


Le soir nous avons entamé un tour culinaire dans le quartier chinois. Sauf que pour y arriver, il fallait contourner des nombreux monsieurs dans la rue qui nous expliquaient que tout était fermé là-bas en raison d'une fête religieuse et mieux valait de les suivre à un restaurant qu'ils connaissaient bien, après tout c'est beaucoup mieux la cuisine thaï que celle chinoise, tout le monde le sait. 

Mais pas avec nous, oh, non, non, non , on a lu nos guides et on connait tous les trucs, nous on ne se laisse pas faire comme ça. Donc les mains joints devant la poitrine et avec un grand sourire thaï sur les lèvres on a poursuivi notre chemins, droits dans nos bottes.

Une fois arrivés à Chinatown, nous sommes tout de suite tombé sur un spectacle de rue, accentué par des grands coups de gong. Ou plus précisément, nous sommes tombés dans la garde-robe derrière scène, tout aussi dans la rue, où les comédiennes se préparaient avec un maquillage très élaboré aux visages blanchis et des joues en rouge bien foncé. Leurs longs kimonos leur permettaient à peine de marcher et pourtant elles ont réussi à danser. A vrai dire c' était surtout avec les mains, mais il y avait aussi quelques petits sauts ici et là. Un regard sur l'audience a révélé très vite que ce genre de spectacle plaît surtout aux vieilles dames, mais ça ne nous empêchait guère d'être autant ravis que celles-ci des costumes colorés avec fine broderie, de la grâce des danseuses et du gong, surtout.

Non loin de la scène on servait de la soupe devant un autel enfumé d'encens. Pour les pauvres, a conclu le Chéri, ce qui ne nous a pas empêchés de nous approcher pour satisfaire notre curiosité. Alors, un gentil monsieur a sauté la queue pour nous procurer une soupe pour chacun le plus vite possible, en gesticulant avec emphase lors des négociation avec le serveur de la soupe, probablement pour souligner l’urgence de l’affaire.

Elle était bel et bien du genre aventure culinaire, cette petite soupe, avec une consistance très épaisse et des abats pas bien définis. En même temps, il est clair que dans une situation comme ça, c'est hors de question de refuser. Donc un a pris notre courage à deux mains et on a mangé. Avec grand succès! Le monsieur organisateur de la soupe ne cessait pas de lever le pouce pour nous signaler son approbation et nombre de passants en faisaient de même. Or, ce petit rtiomphe s'est très vite révélé une victoire à la Pyrrhus, puisque le gentil monsieur a toute suite couru pour amener la deuxième soupe une fois que le Chéri avait fini la sienne. On a donc jugé prudent de nous sauver de cet endroit très accueillant, plutôt en courant, tout en finissant notre soupe, bien évidemment, pendant la course. Noblesse oblige, surtout quand elle voyage.

Ce n'était pas la dernière aventure culinaire de la soirée. Suivaient une soupe nommée "nid d'oiseau" dans laquelle il fallait verser un œuf mi-cuit, ensuite des nouilles épaisses au porc du stand juste en face et ensuite du poulet froid en sauce soya-chili et un maquereau frit avec des légumes sautés en sauce à huitres dans encore une autre cantine de rue.

Le guide, lui, avait encore prévu des currys thaï à la chinoise et nombre d’autres arrêts avec des gourmandises bien intéressantes. Hélas, nous étions obligés d'en finir là avec la grande bouffe et terminer la soirée avec une balade à travers les petites ruelles du quartier, toutes illuminés des lampions rouges, parfois concurrencés par des néons criards surtout sur les boulevards. Les petits magasins  toujours un peu sombres avaient souvent un peu l'air d'abriter une fumerie d'opium cachée derrière ou bien un casino improvisé avec des jeux illégaux, où un jeune homme de bonne famille est systématiquement en train de perdre toute sa fortune pas encore héritée.




Bangkok No. 2


Nous avons versé des chaudes larmes quand il fallait partir de notre île paradisiaque, Ko Pha Ngang dans la mer de Chine du sud, avec complément techno lors de la Full Moon Party et ses nombreuses laides soeurs, comme la Half Moon, la Black Moon. la Shiva et la Waterfall Party. La famille entière, propriétaire de notre petite résidence avec bungalows sur plage et piscine sous palmiers de coco, a interrompu ses travaux de décoration pour la fête à l'honneur du dieu Haan Rin pour nous dire au revoir ce matin-là. Le père nous a donné la main, sa femme un grand sourire, le personnel entier joignait les mains devant la poitrine, genre une prière catholique ou à la manière asiatique, si vous préférez, en inclinant légèrement la tête. La grosse fille handicapée a hurlé "good bye" avec enthousiasme, tandis que la grand-mère murmurait des bénédictions et les chiens aboyaient. Quelle émotion!

La veille, la propriétaire avait insisté de nous promouvoir dans une cabane avec vu sur mer et de nous  conférer le titre de clients préférés avec réductions assurées à vie. Nous croyons devoir cette popularité au manque complet de tatouages sur notre corps, ce qui doit nous donner un air sérieux exceptionel comparé avec le reste de la clientèle sur l'île. La dégustation enthousiaste des délicieux poissons grillés de la maison, sans doute plus lucrative pour celle-ci que vendre la pad thai aux ravers, doit avoir joué un rôle aussi. Conséquence: tout le monde a fait bonne affaire Comme je vous ai dit: le paradis.

A Bangkok, nous avons fait connaissance avec le métro, vaste, très moderne et - dans une ville d' environ 10 millions d' habitants - complètement vide.  Je n'ai pas tardé à développer un plan de sauvetage vert pour la ville, avec une réduction graduelle mais ferme des subventions du pétrole, ensuite une taxe carbone, et une tarification unifiée pour métro, skytrain et bus, accompagnée d'une amélioration des services, bien entendu. Je n'ai pas pour autant intégré la proposition d'un des candidats aux élections gouvernementales, qui veut construire des skywalks, puisqu'on ne peut pas marcher sur les trottoirs en vue des nombreuses cantoches de rues...

Par peur de finir encore une fois dans un lit bercé par les beats de techno à Bangkok, comme à notre arrivée, le Chéri nous a logé cette fois-ci dans un hôtel au style coloniale asiatique, bien loin des routards de la Kao San Road. Mercedes beige retro devant l'entrée, des meubles en bois tropicale foncé, une baignoire en zinc, un lit en baldaquin et des beautés asiatiques éthérées dans le lobby - bref, tout comme il faut. 

Maintenant, il ne faut pas croire que nous étions complètement dépourvus de fun. Par exemple, il y avait le quartier rouge juste à côté. Le plus intéressant, c'était de voir le contraste le lendemain matin, quand les dames en bikinis couleurs néon et en bottes, qui dépassent les genoux, sont remplacés par les étudiantes en blouse blanche, jupe plissée et mi-bas en bleu-marin qui attendent le bus. A moins que ce ne soit un déguisement fétiche pour les clients after.


Montag, 18. Februar 2013

Trauminsel mit Musik

Und da sind wir also, in unserem Inselparadies. Und was für ein Paradies es ist! Eine kleine Bucht, von mächtigen Felsen abgeschirmt, dahinter Urwald, breiter, palmengesäumter Strand mit feinkörnigem, nahezu weißem Sand, türkisfarbenes Meer ...

Zum Glück müssen wir auch auf die Techno-Beats nicht verzichten - wir sind schließlich in Thailand. Seit mehr als zwanzig Jahren ist Ko Pha Ngang weithin berühmt und berüchtig für seine Vollmondpartys. Allmonatlich versammeln sich hier Traveller aus aller Welt, um auf den provisorisch auf Betonpfählen aufgesetzten, dafür um so wilder mit flimmernden Neonfarben beleuchteten Tanzflächen über den Felsen am Rande der Bucht ihre über und über tätowierten Astralkörper in dem Rhythmus zu schwingen, die der DJ ihnen vorgibt. Und weil das alles so gut klappt und auch recht einträglich ist, dauerte es nicht lange, bis ein ortsansässiger Gastwirt die Neumondparty erfand. Danach ließ auch die Halbmondparty nicht lange auf sich warten, damit uns dieser Bühnenzauber hier auf keinen Fall entgehen kann. Offenbar hatte ich mich auch ein bißchen zu sehr von dem Charme der kleinen Bungalows  bezaubern lassen und von dem Schwimmbad unter Kokospalmen mit Meerblick allemal, um nach dem Betrachten der Fotos unserer kleinen Anlage im Internet noch ihrer Charakterisierung im Reiseführer als "Ode an die Endlosparty" ausreichend Bedeutung beizumessen.

Was soll's, der Schatz und ich amüsieren uns hier königlich. Nach Manier der Opas aus der Muppetshow  thronen wir unter unserer Palme am obersten Ende des Strandes und lästern über die Tätowierungen der jungen Leuten, die nach dem Mittagessen aus ihren Löchern gekrochen kommen, um mit Frisbeescheiben nach auf Stöcken aufgesteckten Bierdosen zu werfen. Nachdem sie die vorher zur Vorbereitung ihres fröhlichen Treibens höchstpersönlich ausgetrunken haben, versteht sich. Abends kann man sie dabei beobachten, wie sie einem der mindestens zehn ortsansässigen Tätowierer, von denen der eine oder andere auch neue oder sterilisierte Nadeln verspricht, mit einem gequälten Lächeln bereitwillig ihre noch freien Körperstellen entgegenstrecken. Übrigens gibt es mindestens ebenso viele Nursing Clinics wie Tätowierer in unserem winzigen Ort, in dem maximal 1000 tätowierte Tänzer regulär Platz finden dürften. Das darf man nun aber nicht falsch verstehen. Der Bedarf an medizinischer Hilfe resultiert nicht allein aus unsachgemäß ausgeführten Körperbemalungen, man darf all die legalen und illegalen Substanzen nicht vergessen, die man während so einer Vollmondnacht zu sich zu nehmen hat, und bei Neumond und Halbmond letztlich auch. Und dann all die Thetanusspritzen, die notwendig sind, wenn besonders ausgelassene Partygäste es bevorzugen, barfuß am Strand zu tanzen, und dabei auf eine der zahlreiche Glasscherben treten. Nun empfiehlt der Reiseführer ja festes Schuhwerk, aber ob die jungen Leute das so genau studieren ...

Womit ich auch schon wieder beim Thema wäre. Unsere zweitliebste Seniorenbeschäftigung besteht hier nämlich darin, am Strand entlang zu spazieren und Glasscherben zu sammeln. Oder vielmehr sammelt der Schatz, ich zeige nur darauf und stoße triumphierende Laute aus, wenn ich wieder eine Scherbe gefunden habe. Aus irgendeinem Grunde haben sich an unseren Strand nämlich auch Familien mit kleinen Kindern verirrt - wahrscheinlich haben ihre Eltern den Reiseführer genauso unaufmerksam gelesen wie ich - und die müssen schließlich geschützt werden.

Anfänglich legte der Schatz die eingesammelten Glasscherben gerne anklagend auf den Steindenkmälern ab, die an allen Ecken und Enden des Strandes großmäulig und  keineswegs miteinander vereinbar, die einzig originale Vollmondparty versprechen. Bis er einmal von seinem wohlverdienten Mittagsschlaf aufschreckte und senkrecht auf seiner Liege stand, weil er sich gerade ausgemalt hatte, wie ein besonders abenteuerlustiges Kind auf das Steindenkmal klettert und sich dabei nicht nur eine, sondern gleich zehn Schnittwunden holt mit Hepatitis als Folge und allem drum und dran. Seither schmeißt er die Scherben lieber in einen der raren Mülleimer, oder er übergibt sie gleich den mittelbar oder unmittelbar dafür verantwortlichen Gastwirten.

Nun darf man sich aber unseren Urlaub doch nicht so vorstellen, als wenn wir nichts anderes täten, als anderen den Spaß zu verderben. Denn trotz allem ist der Kampf, den der Schatz den Glasscherben erklärt hat, nicht sein schönster Kampf. Noch lieber nimmt er sich die Wellen vor, die eine nach der anderen an unseren Strand gerollt kommen und immer höher werden, bis sie sich brechen und mit einer lustigen Schaumkrone auf dem Kopf langsam vor unseren Füßen auslaufen. Manchmal gelingt es einem noch, sie zu überspringen, wenn man im Meer badet, doch oft sind sie stärker und brechen einfach über einem zusammen. Ein wahres Fest ist das! Viel anstrengender als Schwimmen, behauptet der Schatz. Allerdings ziehen einen die Wellen von unten auch ordentlich ins offeneMeer hinaus, wenn sie sich zurückziehen, weswegen ich ihn stets ermahne, nicht soweit hinaus zu springen. Aber er ist nicht zu bremsen. Zum Glück erkenne ich ihn vom Ufer aus an den Armen, die er jedesmal einen nach dem anderen dramatisch in die Luft wirft, bevor er sich anschickt, die nahende Welle zu überspringen. Und zunehmend wurde er dabei auch immer roter  - wegen unserer unaufhörlichen Tollerei ließ sich trotz regelmäßigen Eincremens mit UV-Schutzfaktor 30 ein Sonnenbrand leider nicht ganz vermeiden. Dank dieser Signalfarbe überblicke ich stets die Lage, auch wenn ich mich schon ans rettende Ufer zurückgezogen habe. Keine Gefahr, also, wenn man von der Haut einmal absieht.

Den Mann nenne ich nur noch my great ball of fire.


Bangkok - mittendrin

Wenn schon Thailand, so dachten wir, dann müssen wir uns mittenrein stürzen. Mittenrein in die Tempel und unter die Rucksacktouristen sowieso. Wen interessiert das schon, dass die einer anderen Generation angehören, wir haben uns doch so gut gehalten!

Also mieteten wir uns in Bangkok auf der berühmten Kao San Road ein, im Backpacker-Mekka, gleich nebenan bei den wichtigsten Tempeln. Mit Schwimmbad auf dem Dach und auch sonst allerlei Komfort, versteht sich. Sich unter die Rucksacktouristen zu mischen, muss schließlich nicht gleich bedeuten, dass wir genauso spartanisch leben wie die.

Diese Wahl erwies sich im Nachhinein als ein wenig leichtsinnig, denn die Rucksacktouristen in Malaysia und Indonesien sind offenbar nur deswegen so ruhig und entspannt, weil sie sich von ihren wilden Partys in Thailand erholen müssen. Die Techno-Beats aus dem benachbarten Club brachten unser Bett jede Nacht bis mindestens sechs Uhr zum Beben. Zum Glück waren wir von der Reise und unserem Tempelmarathon derart erschöpft, dass wir trotzdem gut schlafen konnten. Im Übrigen hat von Technobeats verursachtes Bettruckeln durchaus etwas Gleichmäßiges und Beruhigendes, wie Wiegen in der Wiege eben. Das muss man sich unbedingt merken für den Fall, dass die unaufhaltsam hochschiessenden Immobilienpreise in Berlin einen eines Tages dazu zwingen sollten, über dem Weekend Club einzuziehen.

Ein bisschen enttäuscht waren wir anfänglich dann aber doch davon, wie gleichgültig, ja geradezu blasiert die Thailänder unseren Besuch aufnahmen. Aus Indonesien sind wir es gewohnt, regelmäßig unsere Spaziergänge zu unterbrechen, um huldvoll jubelnden Schulkindern zuzuwinken, die auf der Ladefläche von Lastwagen und Pick-up-Trucks an uns vorbei transportiert werden. Ich musste  regelmäßig für Fotos posieren gemeinsam mit Flitterwöchlern, die den Daheimgebliebenen offenbar demonstrieren wollten, welche exotischen Begegnungen man an den heimischen Buddha- und Hindutempeln machen kann, und der Schatz konnte sich der schrill kreischenden Teenager, die ihn berühren und fotografieren wollten, kaum noch erwehren. Im Kampung, einer Art städtischen Dorfgemeinschaft mit winzigen Häusern und verwinkelten Straßen, brachen die Kinder beim Anblick des Schatzes in ein begeistertes "Mister Bean, Mister Bean"-Gebrüll aus.

Und in Bangkok - Nichts! Kein Winken, kein Hupen, nicht einmal ein müdes "Hallo" oder ein "Welcome". Als wenn wir gar nicht da wären. Die Thais haben einfach alles schon gesehem - GIs, Sextouristen Amphetamin-konsumierende Backpacker auf der Suche nach dem besten Techno-Club der Stadt, alles. Die kann nichts Westliches mehr in Begeisterung versetzen.

Ungeachtet des entäuschenden Verzichts auf den gewohnten und liebgewonnen Starstatus ist Bangkok eine brodelnde, asiatische Stadt so wie wir sie lieben: funkelnagelneue Hochhäuser und blitzblanke Shoppingmalls einerseits, andererseits verwinkelte kleine Märkte, auf denen bizarre Waren feilgeboten werden - diesmal haben es uns die Amulette besonders angetan - und Siedlungen aus Pfahlbauten mit fernsehender Großmutter in  rümpelkammerartigem Wohnzimmer oder wahlweise einem kleinen Laden, in dem zur Straße hin vollständig offenem Erdgeschosszimmer. Zwischen den Pfahlbauten Altäre über Altäre. Heilloses Verkehrschaos und mittendrin überall kleine Garküchen, in denen die Bangkoker und ihre Besucher auf Plastikmobiliar entweder in einem garagenartigen Raum oder direkt am Straßenrand anscheinend vollkommen ungerührt von Lärm und Abgasen rund um die Uhr die herrlichsten thailändischen oder chinesischen Köstlichkeiten verzehren - in Chinatown das Ganze selbstverständlich unter einem Meer von roten Lampions.

Auch der Große Palast und die Tempel von Bangkok haben uns sehr gefallen. Diesmal bekam der Schatz zwar leider keinen kleidsamen Sarong angeboten, um seine nackten Waden zu bedecken, sondern musste eine graue Trainingshose für fettleibige amerikanische Herren über seine Calenberger Halblangen ziehen, weswegen ich auch keine Fotos von ihm an den Tempeln machen durfte. Dafür lernten wir eine Menge, zum Beispiel, dass die Thais ihre Stupas -  hügelförmige, oben meist spitz zulaufende Denkmäler, die sie hier Chedis nennen -  am liebsten mit Goldblatt verzieren, während man die von Chinesen gestifteten Bauten an ihrer kunstvollen Blumenornamentik aus Porzellan erkennt. Auch dass man sich dem thailändischen König nur auf dem Boden kriechend nähern durfte und einem der Kopf abgeschlagen wurde, wenn man ihn versehentlich ansah, wissen wir jetzt.

Solcherart aufgetankt mit neuem Wissen, Eindrücken und kulinarischen Garküchenabenteuern sind wir nun bereit,  die thailändischen Trauminseln zu stürmen.






Samstag, 9. Februar 2013

Abschied aus New York


Email aus New York, Sommer 2003

Eine letzte Nachricht aus New York muß ich Euch noch schnell schicken, auch wenn ich es mir gestern leider nicht verkneifen konnte die Nacht durchzumachen, soweit das in New York möglich ist. Von daher bin ich etwas angeschlagen. Wir haben uns in "Smalls" den Mann von Paolos Cousine beim Saxophonspielen angehört und sind danach irgendwie auf Abwege geraten, keiner weiß so genau wie.
            
Nachdem ich es während insgesamt acht Monaten in New York nie geschafft habe, die Freiheitstatue und Ellis Island zu besichtigen, hat mich nun mein Freund Dan im vornehmen Manhattan Yacht Club auf sein Boot geladen, um diese Sehenswürdigkeiten lässig an einem strahlend schönen Sonnabendnachmittag zu umsegeln. Ihr habt keine Vorstellung davon, wie einheimisch ich mir jetzt vorkomme. Damit Matze Bassel jetzt nicht beleidigt ist, sollte ich dazu sagen, daß man hier in New York sofort die Segel streicht, wenn sich ein Unwetter über New Jersey zusammenbraut, und schnellstens mit dem Motor den Heimathafen ansteuert. Das ist doch ein etwas anderer Schnack als auf der Alster, wo GRUNDSÄTZLICH Unwetter herrscht, wodurch man sich deswegen auf keinen Fall abhalten läßt, sondern unverdrossen in einem Boot voller Wasser, das jeden Augenblick zu kentern droht, bis auf die Unterhose durchnäßt weitersegelt. Paolo hat mich nach Grado zum Segeln eingeladen, wenn ich in Venedig bin, und wer weiß, vielleicht wird ganz am Ende doch noch eine richtige Hamburgerin aus mir, mit Segeln und allem Drum und Dran.

Ansonsten ist es mir gelungen in einem dreitägigen Gewaltakt meinen Vortrag auf die gewünschten 17 Minuten zu kürzen. Francesc nebenan hält mich schon für meschugge, weil ich seit Tagen ununterbrochen laut meine Kommentare zu den Folien deklamiere und dabei mit flackerndem Blick auf die Uhr starre. Es wird Zeit, daß ich mich aus dem Staub mache, zumal es sich jetzt auf dem achten Stock durchgesetzt hat, wegen des übertriebenen Einsatzes der Klimaanlage zusätzlich einen elektrischen Heizkörper zu bemühen, während die NYU-Administration den zweiten Fahrstuhl außer Betrieb genommen hat - um Energie zu sparen. Hier sind alle verrückt, ich eingeschlossen.

Auch sonst wird es Zeit, daß ich nach Hause kommen: Constantin freut sich schon am 22. September mit mir fernzusehen. Er erwartet eine glanzvolle Revanche für die Wahl vor vier Jahren, deren Ausgang wir mit sehr unterschiedlichen Gefühlen gemeinsam in Gerzensee verfolgt haben. Ich sage: Noch ist Polen nicht verloren. Trefft keine falschen Entscheidungen, es könnte sehr schmachvoll für mich werden, und außerdem wollen wir das mickrige bißchen Einwanderungsgesetz, das wir uns hart - wenn auch nicht sehr elegant - erkämpft haben, nicht schon wieder preisgeben müssen. Wenn ich eines in Amerika gelernt habe, dann daß ein Land von gut organisierter Einwanderung nur profitieren kann! Vielleicht werden wir ja auf die Art und Weise doch nochmal flexibel und packen unsere Probleme an. Ich komme mir immer sehr klein und häßlich vor, wenn ich Jennys Horrorgeschichten von den deutschen Zögerern und Zauderen bei Bayer Connecticut höre.

Bis demnächst in Hamburg. Baut ein paar Sandsäcke auf, ich wohne bei Silke auf dem Kiez und meine Möbel stehen in Eimse im Keller. Ich kann mir keine Jahrtausendkatastrophen leisten!

Mittwoch, 23. Januar 2013

Dreißigkrise erstmal verschoben


Email aus New York - Sommer 2003

Vielen Dank Euch allen für die zahl- und einfallsreichen Segenswünsche, Ratschläge und Aufmunterungen zum runden Geburtstag, der deutlich intensiver und tiefsinniger kommentiert wurde als alle früheren Wiegenfeste zusammen.

Die elektronischen Nachrichten, umsäumt von fernmündlichen Highlights der - nichts für ungut - immer etwas aktiveren Kreischziegen, reichten von einem schmeichelhaften Hinweis eines Gratulanten darauf, daß ich immer alles zu erreichen schiene, was ich mir in den Kopf setze, und ihm daher nur noch übrig bliebe, mir Gesundheit und einen guten Start in Paris zu wünschen, über offenbar tiefempfundene Gratulationen dazu, daß mir durch meinen geschickt geplanten Amerika-Aufenthalt nun das erniedrigende Treppenfegen am Rathaus unter johlendem Applaus meiner "Lieben" erspart bliebe, bis zu den Ausführungen eines (überforderten oder zu kurz gekommenen?) Kollegen über die rege Libido dreißigjähriger Frauen, mit der Männer mit zunehmenden Lenzen immer weniger mithalten könnten.

Der krönende Abschluß der Reigen der Gratulanten war, wie sollte es anders sein, meine Mutter, die mir nach einem längeren Vortrag über die Wetterlage am 6. August 1972, die komplikationsfreie Geburt und das einhellige Entzücken sämtlicher Hebammen und sporadischer Krankenhausbesucher über das Ergebnis, ebenso tief und fest wie unaufgefordert versprach, den "Freundin"-Artikel mir dem Titel "Jung, erfolgreich und unzufrieden: Die neuen Dreißigjährigen" zu studieren, um mich bei unserem nächsten Telefonat über dessen Inhalt unterrichten zu können.

Natürlich darf man sich dem Zeitgeist nicht komplett entziehen, und deswegen habe ich sehr ernsthaft und intensiv darüber nachgedacht, ob es jetzt nicht geradezu meine Pflicht sei, eine allumfassende bridgetjonesmäßige Dreißigkrise hinzulegen, in Panik über mein unausgefülltes Berufsleben zu verfallen und heimlich Lebensläufe während der Arbeitszeiten zu verfassen, um dieses Problem zu bekämpfen. Dazu müßte ich dann Alkoholeinheiten und Kalorien zählen (was ist eigentlich eine Alkoholeinheit?), um der ausufernden Pfunde Herr zu werden, und umgehend jede Party, auf der nach meinem brachliegenden Liebesleben gefragt wird, mit einem Nervenzusammenbruch verlassen. Aber Problem 1 und 2 erschienen mir augenblicklich für unaufgesetzt wirkende Panik nicht akut genug, zumal ich in New York vor lauter Aktivität wieder einmal kaum richtig zum Essen gekommen bin, und ich mich eher etwas schwach auf den Beinen fühle. Aus Problem 3 ließe sich hingegen sicherlich etwas Größeres machen, nicht zuletzt weil mir Gesas Mutter angesichts meiner Ausbildung und sonstiger Qualifikationen nur minimale Chancen auf dem Heiratsmarkt einräumt. Auf der anderen Seite legte mir eine sehr erfahrene Nachbarin beim Galao im Transmontana unlängst sehr überzeugend dar, daß man noch keinen echten Anlaß zur Sorge hätte, solange die Leute noch direkt nach dem mangelnden Partner fragen. Schlimm würde es erst, wenn nur noch hinter vorgehaltener Hand darüber getuschelt würde. Außerdem finden sich in letzter Zeit öfter Einladungen zum Weintrinken nach Hoboken, blumige Komplimente und liebevoll zusammengestellte CDs mit damit verknüpften Einladungen an italienische Strandparadiese ein. Nachdem ich über ein Jahr lang vergeblich darauf gewartet hatte, daß die jungen Männer in Scharen gewaltsam in mein dunkles Büro im Hamburger WiWi-Bunker eindringen, während ich mich ausschließlich Problem 1 widmete, geben mir auch schon solche Kleinigkeiten großen Auftrieb. Also habe ich mich dazu entschlossen, mich an die Heldinnen der neuen "Sex and the City" Staffel zu halten, die hier gerade angelaufen ist. Ich will mich darum bemühen, schön, lebensfroh, beruflich erfolgreich und gegebenenfalls promiskuitiv zu sein. Wenn sich die Sache mit dem Lebenspartner in fünf Jahren nicht von selbst erledigt hat, kann ich mit der Panik ja nochmal neu ansetzen.

Pünktlich zu meinem Geburtstag flog Silke nach einer dramatischen Diss-Abgabe, einer durcharbeiteten und zwei durchfeierten Nächten in New York ein. Nun will ich nicht behaupten, daß die Ankunft reibungslos verlief, aber immerhin im Ergebnis erfolgreicher als die von Sandra und Birgit. Jedenfalls gelang es uns irgendwie, schwer bepackt mit Picknick-Material an dem See im Central Park aufzulaufen, den ich für meine Feier ausgewählt hatte, noch bevor sämtliche Geburtstagsgäste den malerischen Ort mit Blick auf ein Miniaturschloß und Wolkenkratzer wieder verlassen hatten. Die ebenso zahlreichen wie raffinierten Salate, die ich unter Yvonnes strenger Aufsicht am Vorabend liebevoll zusammengestellt hatte, wurden hoch gelobt, ebenso wie die Größe und die Internationalität der Geburtstagsgesellschaft. Tatsächlich palaverten wir auf allen möglichen Sprachen wild durcheinander, tranken Wein, lachten, scherzten und schlugen die Laute, bis uns die Parkwächter unterstützt von den Ratten aus dem Park verjagten.

Nach einem Absacker in einer naheliegenden Bar, mußte ich die übernächtigte Silke durch die schwerste F-Zug-wird-zum-G-Zug-und-ich-folge-blind-einem-Brooklyner-der-selbst-keine-Ahnung-hat-Krise seit meiner Ankunft im wesentlichen tragen. Seither haben wir uns jedoch glänzend amüsiert, waren mit Maurizio, Luca und Ana in Harlem im Jazzclub und in Coney Island mit den Russen baden, wo wir uns von einem lettischen Theologiestudenten, der einmal ein Auslandssemester in einem russisch-orthodoxen Bischofssitz bei München (?) verbracht hatte, Pelmeni servieren ließen. Zum Glück schläft Silke so lange, daß ich auch am Wochenende noch alle meine Arbeiten erledigen kann, bevor ich sie und ihren Unternehmungsgeist nach Kräften unterstütze.

Alle, die sie kennen, ahnen schon, daß sie das Image der müden Silke unter keinen Umständen auf sich beruhen lassen wollte. Also sind wir am Sonnabend nach dem obligatorischen PS1-Techno mit integriertem Kunstgenuß nach Brooklyn in die Smith Street geeilt, wo die italienische NYU-Community nicht nur geschlossen wohnt, sondern auch gerne lärmend und wild gestikulierend zum Essen ausgeht. Dort sind wir blind ihren Menüvorschlägen gefolgt, was sich als wesentlich erfolgreicher herausstellen sollte, als Brooklynern auf F-Zug-Odysseen zu folgen. Leider lehnten es zumindest die Paare mit eifrigen Vertröstungen auf das kommende Wochenende kategorisch ab, Silke und mir ins East Village zum Tanzen zu folgen. Am Sonntag beim Frühstück gestanden sie mir hinter vorgehaltener Hand, daß sie Angst vor Silkes offensichtlich großer Motivation gehabt hatten. Verständlich.

Nur Paolo wartete mit einer amerikanischen und einer russischen Freundin an der Bleeker Street auf uns, so daß die italienischen Buschtrommeln es bereits am nächsten Morgen bis an die Smith-Street kommuniziert hatten, daß wir auf dem Weg von Carroll Gardens nach Manhattan einen netten jungen Mann namens Derrick kennengelernt hatten. Natürlich bei F-Zug-Unregelmäßigkeiten! Er sollte sich als sehr wertvoller Szenekenner entpuppen, wenn er uns auch allesamt in den A-Zug in Richtung Far Rockaway anstatt nach Manhattan lotste. Nachdem er uns zahlreiche Tanz- und Trink-Hotspots empfohlen hatte, waren wir jedoch bereit, darüber hinwegzusehen, und luden ihn ein, uns auf einen Drink zu folgen.

Derrick arbeitet für AT&T im Mobilfunkbereich. Neben seinen Szenetipps hat uns sehr seine Erklärung dafür erfreut, warum die Europäer anders als in allen anderen Hochtechnologiebereichen im Mobilfunk einen gewissen Vorsprung vor den Amerikanern haben. Staunend durften wir erfahren, dies sei darauf zurückzuführen, daß es für die Europäer besonders lohnend war, ein Mobilfunknetz einzurichten, während die Amerikaner doch bereits überall schon Kabel verlegt hatten und daher auf ein funktionierendes Festnetz zurückgreifen konnten. Am nächsten Tag analysierten wir, daß Derrick wohl von einigen ländlichen Gebieten Finnlands auf das europäische Ganze geschlossen haben müsse. Da uns allen gelegentlich nicht ganz zulässige Verallgemeinerungen unterlaufen, haben wir es ihm nachgesehen, zumal sich sein Szenetipps als erstklassig erweisen sollten.

Nachdem wir uns im Tapis Rouge so lange die Füße zusammen mit geschmeidigen Afroamerikanern wund getanzt hatten, bis es Silke zu grabschig wurde, beschlossen wir uns auf die Suche nach einer geeigneten Bar für einen Absacker zu machen. Das kann kaum später als drei Uhr gewesen sein. Trotzdem sollte sich die Suche als äußerst schwierig erweisen, und dies obwohl wir uns in Manhattans Nr. 1 Vergnügungsviertel befanden. Wir irrten solange verzweifelt auf der Suche nach der 10th Street Lounge umher, bis Silke einen etwa mittezwanzigjährigen Blondschopf mit einem wildgemusterten Polyesterhemd aus einem Taxi zog, das ihn und seine Freunde wohl mit ähnlichen Absichten wie unseren gerade in dieser Gegend absetzte. Es bedurfte kaum großer Mühen, ihn davon zu überzeugen, seine Freunde stehenzulassen und stattdessen uns auf unseren Absacker zu begleiten.

Nur war die 10th Street Lounge natürlich geschlossen, was soll man auch anderes erwarten in New York City, wenn die Nacht gerade erst angefangen hat. Auch eine längere Taxifahrt nach Tribeca ins Sugar sollte sich in alkoholischer Hinsicht als vollkommen fruchtlos erweisen. Dafür erzählte uns Chris, der sich uns als koksender Investmentbanker empfahl, eine spannende Geschichte, wie er von einem angeblichen Undercover-Polizisten in der Vornacht beim Drogenkonsum beobachtet und danach um 900 US-Dollar erleichtert wurde. Natürlich sicherten wir ihm sofort unsere Sympathie und die Übernahme aller anfallenden Taxi- und Getränkekosten zu, was ihm wiederum peinlich zu sein schien. In Tribeca überschütteten wir ihn solange mit Hohn und Spott über "the City that never sleeps", in der man um halb vier noch nicht einmal mehr ein Bier bekommt, bis er verzweifelt bei einem Delivery Service anrief, und mit der Zusatzerklärung, daß er zwei junge deutsche Damen zu versorgen hätte, zwei Sechser-Packs Brooklyn Lager orderte. Als Silke schließlich in seiner vollkommen verwahrlosten Investment-Banker-Junggesellenwohnung in Lagerfeuermanier die Bierflaschen entschlossen mit dem Feuerzeug öffnete, brach der sichtlich ermüdete, wenn auch bestens unterhaltene Mann, endgültig zusammen.

Ich versuchte ihm noch das Versprechen abzunötigen, daß er im nächsten September beim Messiahs-Sing-In in der Avery Fisher Hall mitsingen würde. Entrüstet verwahrte er sich dagegen, daß ich sein Leben ändern wolle, das nun einmal nur aus Arbeiten und Ausgehen bestünde. Dabei hatte ich eigentlich nur in die Gestaltung eines einzigen Abends eingreifen wollen. Nach ein paar matten Versuchen, uns mit seinen Drogengeschichten zu beeindrucken, gestand er uns schließlich unter Tränen - na, ja, beinahe jedenfalls- , daß er eigentlich nur deswegen so viel kokst, trinkt und ausgeht, weil er schüchtern ist und hofft, auf diese Art und Weise eine Frau kennenzulernen und sich zu verlieben, um endlich nicht mehr koksen, trinken und ausgehen zu müssen.

Immerhin erwies er sich als vollendeter Gentleman und begleitete uns morgens um sieben zur U-Bahn, die uns völlig überraschend auf direktem Wege sicher nach Hause brachte.