Montag, 18. Februar 2013

Trauminsel mit Musik

Und da sind wir also, in unserem Inselparadies. Und was für ein Paradies es ist! Eine kleine Bucht, von mächtigen Felsen abgeschirmt, dahinter Urwald, breiter, palmengesäumter Strand mit feinkörnigem, nahezu weißem Sand, türkisfarbenes Meer ...

Zum Glück müssen wir auch auf die Techno-Beats nicht verzichten - wir sind schließlich in Thailand. Seit mehr als zwanzig Jahren ist Ko Pha Ngang weithin berühmt und berüchtig für seine Vollmondpartys. Allmonatlich versammeln sich hier Traveller aus aller Welt, um auf den provisorisch auf Betonpfählen aufgesetzten, dafür um so wilder mit flimmernden Neonfarben beleuchteten Tanzflächen über den Felsen am Rande der Bucht ihre über und über tätowierten Astralkörper in dem Rhythmus zu schwingen, die der DJ ihnen vorgibt. Und weil das alles so gut klappt und auch recht einträglich ist, dauerte es nicht lange, bis ein ortsansässiger Gastwirt die Neumondparty erfand. Danach ließ auch die Halbmondparty nicht lange auf sich warten, damit uns dieser Bühnenzauber hier auf keinen Fall entgehen kann. Offenbar hatte ich mich auch ein bißchen zu sehr von dem Charme der kleinen Bungalows  bezaubern lassen und von dem Schwimmbad unter Kokospalmen mit Meerblick allemal, um nach dem Betrachten der Fotos unserer kleinen Anlage im Internet noch ihrer Charakterisierung im Reiseführer als "Ode an die Endlosparty" ausreichend Bedeutung beizumessen.

Was soll's, der Schatz und ich amüsieren uns hier königlich. Nach Manier der Opas aus der Muppetshow  thronen wir unter unserer Palme am obersten Ende des Strandes und lästern über die Tätowierungen der jungen Leuten, die nach dem Mittagessen aus ihren Löchern gekrochen kommen, um mit Frisbeescheiben nach auf Stöcken aufgesteckten Bierdosen zu werfen. Nachdem sie die vorher zur Vorbereitung ihres fröhlichen Treibens höchstpersönlich ausgetrunken haben, versteht sich. Abends kann man sie dabei beobachten, wie sie einem der mindestens zehn ortsansässigen Tätowierer, von denen der eine oder andere auch neue oder sterilisierte Nadeln verspricht, mit einem gequälten Lächeln bereitwillig ihre noch freien Körperstellen entgegenstrecken. Übrigens gibt es mindestens ebenso viele Nursing Clinics wie Tätowierer in unserem winzigen Ort, in dem maximal 1000 tätowierte Tänzer regulär Platz finden dürften. Das darf man nun aber nicht falsch verstehen. Der Bedarf an medizinischer Hilfe resultiert nicht allein aus unsachgemäß ausgeführten Körperbemalungen, man darf all die legalen und illegalen Substanzen nicht vergessen, die man während so einer Vollmondnacht zu sich zu nehmen hat, und bei Neumond und Halbmond letztlich auch. Und dann all die Thetanusspritzen, die notwendig sind, wenn besonders ausgelassene Partygäste es bevorzugen, barfuß am Strand zu tanzen, und dabei auf eine der zahlreiche Glasscherben treten. Nun empfiehlt der Reiseführer ja festes Schuhwerk, aber ob die jungen Leute das so genau studieren ...

Womit ich auch schon wieder beim Thema wäre. Unsere zweitliebste Seniorenbeschäftigung besteht hier nämlich darin, am Strand entlang zu spazieren und Glasscherben zu sammeln. Oder vielmehr sammelt der Schatz, ich zeige nur darauf und stoße triumphierende Laute aus, wenn ich wieder eine Scherbe gefunden habe. Aus irgendeinem Grunde haben sich an unseren Strand nämlich auch Familien mit kleinen Kindern verirrt - wahrscheinlich haben ihre Eltern den Reiseführer genauso unaufmerksam gelesen wie ich - und die müssen schließlich geschützt werden.

Anfänglich legte der Schatz die eingesammelten Glasscherben gerne anklagend auf den Steindenkmälern ab, die an allen Ecken und Enden des Strandes großmäulig und  keineswegs miteinander vereinbar, die einzig originale Vollmondparty versprechen. Bis er einmal von seinem wohlverdienten Mittagsschlaf aufschreckte und senkrecht auf seiner Liege stand, weil er sich gerade ausgemalt hatte, wie ein besonders abenteuerlustiges Kind auf das Steindenkmal klettert und sich dabei nicht nur eine, sondern gleich zehn Schnittwunden holt mit Hepatitis als Folge und allem drum und dran. Seither schmeißt er die Scherben lieber in einen der raren Mülleimer, oder er übergibt sie gleich den mittelbar oder unmittelbar dafür verantwortlichen Gastwirten.

Nun darf man sich aber unseren Urlaub doch nicht so vorstellen, als wenn wir nichts anderes täten, als anderen den Spaß zu verderben. Denn trotz allem ist der Kampf, den der Schatz den Glasscherben erklärt hat, nicht sein schönster Kampf. Noch lieber nimmt er sich die Wellen vor, die eine nach der anderen an unseren Strand gerollt kommen und immer höher werden, bis sie sich brechen und mit einer lustigen Schaumkrone auf dem Kopf langsam vor unseren Füßen auslaufen. Manchmal gelingt es einem noch, sie zu überspringen, wenn man im Meer badet, doch oft sind sie stärker und brechen einfach über einem zusammen. Ein wahres Fest ist das! Viel anstrengender als Schwimmen, behauptet der Schatz. Allerdings ziehen einen die Wellen von unten auch ordentlich ins offeneMeer hinaus, wenn sie sich zurückziehen, weswegen ich ihn stets ermahne, nicht soweit hinaus zu springen. Aber er ist nicht zu bremsen. Zum Glück erkenne ich ihn vom Ufer aus an den Armen, die er jedesmal einen nach dem anderen dramatisch in die Luft wirft, bevor er sich anschickt, die nahende Welle zu überspringen. Und zunehmend wurde er dabei auch immer roter  - wegen unserer unaufhörlichen Tollerei ließ sich trotz regelmäßigen Eincremens mit UV-Schutzfaktor 30 ein Sonnenbrand leider nicht ganz vermeiden. Dank dieser Signalfarbe überblicke ich stets die Lage, auch wenn ich mich schon ans rettende Ufer zurückgezogen habe. Keine Gefahr, also, wenn man von der Haut einmal absieht.

Den Mann nenne ich nur noch my great ball of fire.


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