Samstag, 3. November 2007

Berliner Trunkenbolde

Wie saßen friedlich und zufrieden mit dem Leben in der Berliner Herbstsonne, als ein älterer Mann aus der Kneipe kam und krachend zu Boden ging , während er mit seinen Krücken hilflos in der Luft fuchtelte. Zusammen mit einer anderen Frau, die sich auch für alles persönlich verantwortlich fühlt, lief ich sofort zu ihm, um ihm wieder auf die Beine zu helfen.

" Dit war nur dit olle Stolpern", erläuterte er überzeugend und strahlte uns vom Boden aus gewinnend an.

Nach zwei gescheiterten Versuchen, dem Mann wieder auf Beine und Krücken zu helfen, bestätigte er mir und der anderen Helfersyndrom-Frau mit der gleichen wegwerfenden Handbewegung von eben die banale Ursache seines Falls, wahrscheinlich um uns zu beruhigen. Er forderte uns auf, uns in Geduld zu üben. Da würden gleich starke Männer kommen, die die Last schon zu tragen wüßten.

In der Tat, es dauerte nicht lange und zwei weitere Trunkenbolde kamen lärmend aus der Kneipe. Sie begrüßten unseren am Boden liegenden Helden mit einem gut gelaunten " Ach, Paule biste schon wieder hinjefallen. Denn komm' mal her!" Zwar schwankten auch diese Männer bedenklich, aber sie hatten genug Übung, um Paule aufzurichten und samt Krücken über die Straße zu lotsen. Und das obwohl er nicht nur sturzbetrunken war sondern auch schwer gelähmt, wie mir bewußt wurde, als ich seine Gehversuche beobachtete.

Zum Abschied winkte er uns, schenkte uns ein drittes gewinnendes Lächeln und bedankte sich formvollendet für unseren Einsatz. Mir war fast, als hätte es sich kaum merklich, doch sehr elegant verbeugt, während er wie ein nasser Sack über den Schultern seiner Saufkumpanen hing.

Schnauze hin, Schnauze her, die Berliner haben viel Charme, wenn sie wollen, auch wenn sie ihre Beine nicht mehr bewegen können und schon längst am Boden liegen. Oder vielleicht gerade dann.

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