Samstag, 1. März 2008

Malaiisches Malaysia - Kota Bahru

Nachdem wir ausgiebig das Malaysia der Chinesen, der Tamilen, der Sikhs, der englischen Kolonialherren und das der japanischen Golfspieler erkundet hatten, wurde es dringend Zeit, uns um das Malysia der Malaien zu kümmern. Deswegen sprangen wir eines schönen Morgens in den Cameron Highlands in den Minibus, der Rucksacktouristen zu dem Dschungelnationalpark Taman Negara bringt und ließen uns in Gua Nusang absetzen, um dort auf den Postzug nach Kotah Baru an der Ostküste und der Grenze zu Thailand zu warten.

Und richtig, da wartete es schon auf uns: Das Malaysia der Malaien. Keine glitzernden Malls, keine durchgestylten Chinesinnen im Pepita-Look oder im Geländewagen. Statt dessen leuchtete der Bahnhof in den kräftigen Farben der langen Gewänder der Frauen, zu denen ein Schleier ebenso zwingend zu gehören schien wie ein kleines Kind am Rockzipfel, das seine Augen nicht von uns lassen konnte. Die buntgewandeten Frauen warteten allesamt gleichmütig mit ihren neugierigen Kindern auf den Postzug, der sie nach umfangreichen Einkäufen wieder in ihr Dorf bringen sollte, während Ziegen und Hühner die Gleise nach etwas Essbarem absuchten. Zum ersten Mal seit Beginn unserer Reise kamen wir an einen Ort, an dem die blaue Fahne mit Waagenmotiv der Volksfront Barisan Nasional, die zusammengesetzt aus einer Malaien-, einer Chinesen und einer Inderpartei seit der Unabhängigkeit das Land regiert, von dem grünen Emblem der Islamisten-Partei dominiert wurde. Und dabei sollte es im Osten auch bleiben.

Der Schatz war begeistert von der Häufigkeit, mit der der Postzug bei seiner Fahrt durch den Dschungel an unfassbar kleinen und provisorischen Bahnhöfen hielt, während er in Deutschland über die Vor- und Nachteile von fünfzig-Meter-Bahnhöfen gegenueber dreißig-Meter-Bahnhöfen debattiert oder so ähnlich. Ich beschloss, ein malaiisches Kleinkind mit Schmollmund zu adoptieren und machte mir gleichzeitig Sorgen darüber, wie einige Malaysier ihre größeren Kinder behandeln. Uns gegenüber saßen drei Teenager, die alle Narben im Gesicht hatten, einem von ihnen fehlten Zähne und der zweite konnte sein Auge nicht mehr richtig schließen.

In Kota Bahru regnete es junge Katzen und Hunde. Das konnte uns jedoch nicht schrecken. Unsere Reiseführer hatten uns echte malaiische Kultur versprochen und wir waren entschlossen, sie zu entdecken. Also borgten wir uns im Hotel einen Schirm und sausten im Dunkeln durch menschenleere Straßen um Moscheen, Sultanspaläste und nachempfundene malaiische Dörfer, die bei Tag Läden für das Kunsthandwerk der Region beherbergen.

Die vergebliche Suche nach dem sagenumwobenen Nachtmarkt im strömenden Regen hatte uns fast schon vollständig entmutigt, da hob eine alte Dame unter dem Dach, unter dem wir Schutz gesucht hatten ihre Hand zum Mund, als ob sie essen wollte, und redete eifrig auf uns in malaiisch ein. Ich wollte gerade mein Portemonnaie zücken, um eine milde Gabe zu stiften, da fing sie an, in Richtung Norden zu gestikulieren. Mir wurde klar, dass sie keineswegs eine Bettlerin war, sondern lediglich gut vertraut mit den üblichen Bedürfnissen der weissen Frau, die ihre Stadt besuchen.

Der Nachtmarkt war in der Tat eine Wucht. Überall Stände mit exotischen Speisen und bunten Süßigkeiten. Zuerst labten wir uns an der Köstlichkeiten bei den Ständen mit Plastikmöbeln, laufendem Fernseher und Gummidach. Unserm Ausländerstatus verdankten wir es, dass wir mit Messer und Gabel essen durften, die Malaysier benutzen am liebsten die rechte Hand. Als der Regen nachgelassen hatte, probierten wir ayam percik auf die Faust, das Hühnchen in Erdnusssoße, wie es unser Reiseführer empfohlen hatte, der sich dadurch bei uns im kulinarischen Bereich Bibelstatus erkämpft hat, und malaiische Pfannekuchen als Nachtisch. Dieses Erlebnis verlieh uns neue Kraft und Zuversicht, um das malaiische Kulturzentrum zu suchen, in dem mittwochabends Schattenspiele, Singvogelwettbewerbe, Drachensteigen oder Kreiselschlagen zum Besten gegeben werden, auch wenn der chinesische Rezeptionist davon nichts wissen wollte, als ich ihn aufforderte, mir das Programm zu besorgen.

Die Reiseführer sollten recht behalten und der Chinese wurde als ungelernte Hilfskraft im Tourismusgewerbe entlarvt. Im Kulturzentrum fand ein großartiges Schattenspiel statt mit bunten Figuren aus Leder, die aussahen wir die Götter und Dämonen aus uralten Hindumythen. Hinter der offenen Bühne spielte dazu eine traditionelle Musikgruppe auf Pfeifen, Zupfinstrumenten und einem Gong. Mir schien, es standen mehr Kinder hinter der Bühne und machten sich mit der genauen Machart dieses Schauspiels vertraut als davor dem Zauber der Schatten zu erliegen.

Am nächsten Tag feierten wir Mitbringselekzesse in dem Kunsthandwerkzentrum und den Batikmärkten der Stadt und fotografierten vom ersten Stock aus die Marktfrauen, die auf den Ständen hinter ihrem bunten Obst und Gemüse hockten oder ihre Krebse am Ausbüchsen hinderten. Danach waren wir hochzufrieden und bereit auf eine malaysische Trauminsel weiterzureisen, fernab jeder Kultur, ganz gleich welcher Ausrichtung.

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