Dienstag, 26. Februar 2013

Bergvölker und Elefanten quälen - oder besser nicht?

Seit wir in Chiang Mai angekommen sind, debattieren wir, ob es nun richtig ist, mit Busladungen voller Touristen über die Dörfer von Bergvölkern hereinzubrechen und gleichzeitig von ihnen zu verlangen, dass sie ihre Traditionen wahren. Essen, Elefantenfiguren und selbstgemachte Schals an Touristen zu verkaufen, ist vielleicht eine gute Alternative zu Opiumanbau, argumentiere ich. Der Schatz antwortet jedesmal mit einer Kombination aus "touristischer" und etwas, was man nicht aufschreiben kann. Den Einwand, dass wir selbst Touristen sind, lässt er offenbar nicht gelten.

Unser Dilemma rührt daher, dass wir gerne im Urwald wandern würden. Diese Touren werden en masse in allen örtlichen Hotels angeboten, aber ohne Besuch bei den Bergvölkern geht nichts. Meistens muss man zusätzlich  noch in Fledermaushöhlen kriechen, in Orchideenplantagen lustwandeln, in Wasserfällen baden und innerhalb einer Stunde sowohl auf einem Bambusfloss paddeln als auch Wildwasserraften. Das alles erscheint nicht sehr seriös.

Auch bei den Elefanten sind wir uns nicht so sicher. Irgendwie würden wir gerne mal einen kleinen Ritt unternehmen und Vera aus dem Büro hat mir streng aufgetragen, das auf keinen Fall zu verpassen. Andererseits muss man, wenn man hier Elefanten reiten möchte, sie immer gleich auch noch füttern, striegeln, baden und mit ihnen schwimmen. Das lehnt der Schatz ab. Man kann im Übrigen von Glück sagen, wenn man ihnen nicht auch noch beim Fußballspielen oder Skat zusehen soll.

Vor lauter Ratlosigkeit fingen wir erst einmal mit Besichtigungen von Tempeln an, von denen der Baedeker  in der Stadt 200 zählt, alle mal wieder reich verziert, mit viel Gold und anmutigen Dächern. Angeblich sind alle 200 kunstgeschichtlich interessant. Mir haben besonders die mit Spiegeln verzierten Naga-Schlangen-Körper am Eingang  ich weiß nicht mehr welchen Tempels gefallen. Obwohl wir noch nicht einmal die Baedeker-Auswahl geschafft haben, leiden wie inzwischen an akutem Tempelkoller.

Alle vier (!) Reiseführer, die wir mit uns herumschleppen, schreiben übereinstimmend, dass die gängigen Touren, die in Hotels angeboten werden, mit Vorsicht zu genießen sind. Es gebe auch teurere, dafür aber bessere Anbieter, nur wo man die findet, das verraten unsere Führer nicht. Man soll sich in der Traveller-Szene umhören.

Nun gibt es hier natürlich viele Touristen, aber wo sie sich zu einer  Szene zusammengeschlossen haben, ist keinesfalls klar. Ich habe mal versuchsweise in einer Bar um die Ecke Patricia angequatscht. Sie kommt aus Seattle und assistiert hier für einige Woche bei der frendsprachlichen Früherziehung von thailändischen Kleinstkindern. Ihre Elefantengeschichten klangen aber auch nicht anders als in den bunten Mappen in unserem Hotel. Also dachte ich, ich lenke das Thema mal auf die Full Moon Party in Ko Pha Ngang und auf Tätowierungen. Ich hatte  mir eingebildet, in Patricia vielleicht eine Verbündete zu finden. Sie ist zwar erst 23, sieht aber ein bisschen spießig aus. Wie sich herausstellte, spielt das für Tätowierungen absolut keine Rolle. Wie sich herausstellte, versteckte Patricia unter ihrer Kleidung eine ganze Sammlung von Tätowierungen. Außerdem betreibt der thailändische Barkeeper mit Dutt auf der Stirn, der etwas lahm auf ihre Baggerversuche reagiert hatte, bevor ich mich quer dazwischen warf,  im Hinterzimmer ein Tattoo-Studio. Er entwirft gerade Patricias Tätowierung für die Rippen rechts. Behauptet Patricia. Er stritt das ab und schützte Müdigkeit vor.

Der Schatz meint übrigens, dass Patricia neben der Betreuung von Kleinstkindern jetzt auch die Betreuung von Berufsjugendlichen in Bars in ihren Lebenslauf aufnehmen kann, nachdem sie sich so höflich mit mir beschäftigt hat, während sie nun wirklich Zeit für den Barkeeper brauchte.

Patricia verriet mir außerdem, dass ihre Mutter die Narbe von ihrer Hüftoperation mit einer Tätowierung übermalt hat. Das empörte mich, die ich seit 38 Jahren mit perfekter Haltung Hüftnarbe trage natürlich besonders, aber zum Glück enthielt ich mich jeglichen Kommentars. In 15 Jahren, wenn Patricias Mutter wieder eine neue Hüfte braucht, dann braucht sie auch ein neues Tattoo. Das wollen die beiden gemeinsam entwerfen. A nice little mother-daughter-project, verkündete Patricia mir strahlend.

Wir merken uns für später: Ob nun in Thailand oder sonst irgendwo, solange man noch keine Gelegenheit hatte, den Gesprächspartner sorgfältig im unbekleideten Zustand zu inspizieren, sollte man das Thema Tätowierung unbedingt meiden. Das gilt auch für die Bettnachbarin in der Chirurgie für Hüftersatzoperationen.







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