Sonntag, 24. Februar 2013

Erleuchtung in Sukothai

Am nächsten Tag ging es auf nach Sukothai - wie immer in aller Frühe. Natürlich war der Bus aus Bangkok eine Stunde zu spät, aber tagelangem, intensiven Bewundern erleuchterter Buddhas und einer Thai-Massage am Vorabend sei Dank waren wir von einer gewissen Ruhe erfüllt. Außerdem gab uns das Gelegenheit Susan und Chuy kennenzulernen.

Chuy ist ein hühnenhafter, jovialer Amerikaner, der sich als Mexikaner ausgibt. Wenn man jedoch von seinem sorgfältig gestutzten, schwarz mit grau meliertem Schnurrbart absieht - und der würde nun auch zu Tom Sellek passen - dann ist von seinen Wurzeln aus Guadalajara nichts mehr übrig. Susan trägt einen grau melierten Pferdeschwanz und wirkt auf den ersten Blick äußerst mißmutig, bei näherem Hinsehen wurde jedoch rasch deutlich, dass es sich bei den beiden um ein äußerst vergnügtes und reiselustiges Paar handelt, die sich alles angucken und dabei schnell zu begeistern sind, besonders von ihren kulinarischen Entdeckungen. Sie lernten sich beim Segeln zu kennen und beschlossen irgendwann alles Hab und Gut in Amerika, Häuser, Chuys Business, Autos und was alles sonst noch so zum amerikanischen Traum gehört zu verkaufen und den amerikanischen Kontinent zu umsegeln. Irgendwann stießen sie auf einer panamaischen Insel auf ein Haus, das auf sie gewartet hatte, und jetzt haben sie dort ihr Hauptquartier aufgeschlagen, lagern während der Hurrikan-Monate Boote von Weltumseglern ein und machen sie wieder flott. Im Angebot ist auch "beer, books and bullshit" eine Tauschbörse für gebrauchte Bücher und Übertreibungen der Abenteuer, die man zu See erlebt hat. Ich habe die Adresse aufbewahrt, falls jemand von Euch mal in Panama darauf angewiesen sein sollte.

Der hölzerne Bus zu den Ruinen transportierte neben uns noch dreissig Schulkinder in Uniform und einen Mönch, der uns seine Kenntnisse verschiedener europäischer Sprachen demonstrierte und nach jedem Wort in herzliches Gelächter ausbrach, das seine vier verbliebenen, windschiefen Zähne freilegte. Er hat viele Freunde in Europa, die ihn in seinem Tempel besuchen kommen, musste sich zuletzt jedoch sehr über die königlich niederländische Post ärgern, die es offenbar versäumt hat, seine Karte an seine Amsterdamer Freunde auszuteilen. Jedenfalls wartet er seither vergeblich auf Antwort. Im Fernsehen hat er Bilder von Rom und Venedig gesehen und nun träumt er von einem Lottogewinn, um Italien und überhaupt alle seine Freunde in Europa zu besuchen. Das schienen uns nun sehr weltliche Bestrebungen für einen Mann, der auf das Nirvana hin meditiert. Aber wer weiss, vielleicht sind Klöster für manchen älteren Mann mit wenig Zähnen vor allem auch ein praktischer Ort, um eine Suppe zu bekommen. Als junger Mann war er im Hotelgewerbe.
Bei den Ruinen warteten sie schon wieder mit Fahrrädern auf uns. Die Sukothaier haben Parks mit  Seen um ihre Templeruinen herum angelegt, so dass sich die Fahrt gleich ganz anders ausnahm als in dem halsbrecherischen und lärmenden Stadtverkehr von Ayutthaya. Mein Fahrrad schepperte, knatterte und klapperte zwar so laut, dass es sich mit jedem Motorrad in der Stadt hätte messen können, doch nichts konnte die Fahrt durch den Park mit singenden Vögeln und quakenden Fröschen wirklich stören, vorbei an Tempelruinen, hinter deren verfallenen Toren immer wieder monumentale Buddhas sichtbar wurden, stehend in Schutzgewährerpose oder im halben Lotussitz mit geschlossenen Augen und einem Gesichtsausdruck vollendeten Friedens.

Auch blühten auf dem See, von dem aus wir den Sonnenuntergang über einem besonders friedlichen   Buddha beobachteten, die Lotusblüten nicht wie auf dem Foto im Führer. Wir fühlten uns trotzdem so als seien wir schon im Nirvana. Irgendwie erleuchtet.

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